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Über

Während die 1. Berlin Biennale die bereits in Berlin ansässige Szene abbildete, brachte Saskia Bos für die 2. Berlin Biennale internationale Künstler*innen in die Stadt. Die Kuratorin entwickelte eine Ausstellung, deren Anliegen die unmittelbare Partizipation des Kunstpublikums war. Unter den Leitmotiven connectedness, contribution und commitment befasste sie sich mit der Kritik am kommerziell und profitorientiert agierenden Kunstbetrieb: Weg von der Eigendarstellung der Künstler*innen und von elitären Ansätzen, stattdessen hin zu einem Dialog mit dem Publikum.

Mit der Auswahl der künstlerischen Beiträge wollte Saskia Bos als Antwort auf die Institutionelle Kritik positive Ansätze und zukunftsweisende Tendenzen im Kunstbetrieb aufzeigen. Kritisiert wurden Kunstinstitutionen, denen es in ihren Ausstellungen weniger um den Inhalt von Kunst und das Einbeziehen des Publikums ging als um Effekthascherei und eine Selbstdarstellung der Künstler*innen. Saskia Bos sah sich dabei als Vermittlerin zwischen Künstler*innen, Kunstwerk und Publikum. Sie wählte rund 50, zum Teil sehr junge, internationale Künstler*innen aus über 30 Ländern aus, die Kunst als gemeinschaftliche, auf Wechselwirkung basierende Erfahrung verstanden. Einen Schwerpunkt setzte sie auf Film- und Videoarbeiten sowie auf Installationen, die das Publikum einbezogen oder eine Interaktion suchten.

Ausstellungsorte der zweiten Ausgabe der Berlin Biennale waren erneut die Räumlichkeiten der KW Institute for Contemporary Art und das ehemalige Postfuhramt. Eine örtliche Erweiterung erfuhr die Biennale mit den S-Bahn-Bögen unter der Jannowitzbrücke und dem Allianz-Gebäude, den so genannten Treptowers.

Kurator*innen

Saskia Bos mit ihrem kuratorischen Stellvertreter Waling Boers

2. Berlin Biennale, 20.4.–20.6.2001; Saskia Bos, Kuratorin; Foto: unbekannt

Grafische Gestaltung
Irma Boom

Katalogauszug

Beyond the Self

Ich glaube, dass diese Bewegungen hin zu Beteiligung, Anteilnahme und Verbundenheit, die man bei vielen KünstlerInnen dieser Ausstellung spürt, eine Möglichkeit bietet, eine Kontur für eine heutige Kunst zu etablieren. Und es war notwendig, diese Kontur zu etablieren, einerseits, um den "Anything-goes"-Ansatz zu vermeiden, den viele Biennale-Veranstaltungen haben, wo einfach irgendetwas Neues und Überraschendes in die Ausstellung hineingepackt wird. Zum anderen wollte ich nicht irgendeinem thematischen Ansatz in die Falle gehen. Ich glaube, dass thematische Ausstellungen letztlich sehr einschränkend sind; man neigt dazu, seine eigene Theorie zu illustrieren, während man sich doch um die Entwicklung neuer künstlerischer Praktiken kümmern sollte, darum, neue und experimentelle Arbeiten zu zeigen, die man womöglich noch gar nicht vollkommen versteht. Es werden auch Arbeiten gezeigt, die gerade, noch während wir hier miteinander reden, erst entstehen, und bei denen ich sehr auf die KünstlerInnen vertraue; manchmal kenne ich das Projekt bloß seinen Umrissen nach. Es gibt eben diesen Paradoxon: Wie offen kann man eine Ausstellung tatsächlich gestalten, während man doch zugleich eine Auswahl zu begründen hat und ihr ja auch einen Schwerpunkt verleihen möchte. Ich wollte ein paar historische Verknüpfungen aufzeigen. Um vielleicht den vielen jüngeren teilnehmenden KünstlerInnen einen Kontext zu bieten. [...]

Der Raum der Kunst ist ein freier Raum, der es Leuten erlaubt, Probleme zu reflektieren, aber nicht, diese auch in ihm, hier und jetzt, zu lösen. Und vielleicht entspricht es der Absicht vieler dieser KünstlerInnen, sei sie nun humorvoll oder hauptsächlich philosophisch und reflektierend, dass, selbst wenn sie etwas in der Welt verändern wollten, sie das nicht selbst übernehmen würden, sondern Leuten bloß die Einsicht vermitteln möchten, dass Kunst dieses Bezugssystem herstellen kann. Kunst ist populär, jeder möchte mit Kunst zu tun haben, mit Kunst als einem Objekt des Designs mehr als der Begierde. Aber die biennale ist auch kreative Praxis, eine Produktionsstätte, ein Labor, eine Möglichkeit zur Herstellung von Bedeutung. Für eine Biennale ist es wichtig, dem Publikum andere Möglichkeiten von Kunst aufzuzeigen, und damit implizit darauf zu verweisen, dass die Vorstellung von Objekt, Markt und allem, was heute mit Kunst assoziiert wird, nicht so sehr ihren Ursprung betreffen und niemals die Quelle ihrer Inspiration sind. [...]

Ich bin davon überzeugt, dass "institutionelle Kritik" und generell die historische Avantgarde eine veränderte Künstlerrolle hervorgebracht haben, in der eine kritische Haltung von KünstlerInnen nicht bloß erlaubt oder von den Kuratoren sogar gewünscht wird, sondern sich beinahe gegen die Organisation selbst richtet, wenn sie sagen "Moment, wo sind wir denn hier, mitten in einer Machtstruktur?" Und ich meine, dass all diese Elemente notwendige Verweise auf die Realität der Ausstellung darstellen.