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27.7.2018 | ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik, Berlin

I’m Not Who You Think I’m Not meets Speisekino: Intermittent dystopias

Essen und Filmvorführung

I’m Not Who You Think I’m Not #18: I’m Not Who You Think I’m Not meets Speisekino
Intermittent dystopias
Gastgeber: Felipe Teram

Im Jahr 1956 beauftragte der brasilianische Präsident Juscelino Kubitschek den Architekten Oscar Niemeyer und den Stadtplaner Lúcio Costa, eine komplett neue Hauptstadt für das Land zu entwerfen. Der Bau eines Regierungssitzes im Hinterland – von nie dagewesener Größe und Komplexität – sollte zeigen, dass das Land fähig ist, kollektive Höchstleistungen zu erbringen und den Weg in die erwünschte Moderne zu beschreiten. Brasília war mehr eine Vision für die Zukunft als eine Antwort auf die drängenden Fragen der Gegenwart.

Forma Livre (2013) von Clara Ianni beschäftigt sich mit Geschichten, die übergangen wurden, um herauszufinden, wie sich dominante Diskurse etablieren oder wie Gegenerzählungen und Geschichtlichkeit entstehen. In dieser Videoinstallation werden Bilder von der Baustelle der Stadt Brasília mit Tonaufnahmen aus einem Interview mit Oscar Niemeyer und Lúcio Costa zusammengeschnitten. Beide werden darin wiederholt aufgefordert, sich zu dem Massaker an den hundert am Bau beteiligten Arbeiter*innen zu äußern, die damals nach einem Streik von der Staatspolizei getötet worden waren.

In Era uma vez Brasília (2017) wird die Hauptstadt Brasília zur Kulisse einer dystopischen Gegenwart. Der Sci-Fi-Film von Regisseur Adirley Queirós erzählt die Geschichte eines intergalaktischen Agenten namens WA4, der den Auftrag erhält, den Präsidenten Juscelino Kubitschek am Tag der Einweihung von Brasília im Jahr 1960 zu töten. Aufgrund technischer Probleme mit seinem Raumschiff landet der Auftragskiller allerdings fernab der Stadt in der Peripherie, und das im Jahr 2016 – am Vorabend der Eröffnung des Amtsenthebungsverfahrens gegen die Präsidentin Dilma Rousseff. WA4, der ausgesandt worden war, ein Land in Schrecken zu versetzen, das die Einweihung seiner Hauptstadt feiert, trifft auf eine Stadt, die sich mitten in einer politischen Schlacht auf dem Gebiet der Realpolitik befindet. Er beginnt, seine gescheiterte Mission unter diesen Umständen zu überdenken und neu zu interpretieren.

Brasília, Symbol der Widersprüche der Moderne, wird hier zur Bühne für ein Gespräch über Erzählungen, die zugunsten der versprochenen strahlenden Zukunft bewusst übergangen wurden, und bringt dadurch die Widrigkeiten der Gegenwart wie auch die Fantasien aus unserer Vergangenheit zum Vorschein.

Filme:
Clara Ianni: Forma Livre (Free Form), 2013
Adirley Queirós: Era uma vez Brasília (Once there was Brasília), 2017

Das regelmäßig stattfindende Format Speisekino des ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik bringt Film und Essen zu einem jeweiligen Thema zusammen. Manchmal ist die Beziehung offensichtlich – wenn zum Beispiel Essen aus einer Region, in der ein Film spielt, serviert wird. Manchmal ist die Verbindung subtiler, und der Film wird beispielsweise von einem Essen begleitet, das auch im Drehbuch vorkommt. Während ihrer Laufzeit kooperiert die 10. Berlin Biennale mit dem ZK/U: Im Rahmen von I’m Not Who You Think I’m Not meets Speisekino sind verschiedene Gastgeber*innen eingeladen, Essen und Filme im Zusammenhang mit Themen der 10. Berlin Biennale auszusuchen und zu präsentieren.