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2012–fortlaufend

Open Call & ArtWiki

Digitaler Ausstellungsort

Im November 2010 lud Kurator Artur Żmijewski mit einem internationalen Aufruf KünstlerInnen dazu ein, ihr Material als Teil des Rechercheprozesses der 7. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst einzusenden. Neben dem Standardmaterial, das solche Ausschreibungen immer verlangen (Dokumentationen von Kunstwerken und -projekten, Lebensläufe usw.), gab es den folgenden Zusatz, der bereits selbst für Aufmerksamkeit sorgte:

Da die Recherche auch die Frage betrifft, ob Künstlerinnen und Künstler sich selbst als politisch ansehen, bitten wir Sie, uns über Ihre politische Neigung zu informieren (z.B. rechts, links, liberal, nationalistisch, anarchistisch, feministisch, maskulinistisch, oder worüber Sie sich sonst identifizieren) oder aber darüber, ob Sie sich für unpolitisch halten.

Der Aufruf wurde in mehreren Sprachen veröffentlicht, und die Berlin Biennale erhielt schließlich über 5.000 Einsendungen.

Als Antwort auf den großen Zuspruch luden wir all diejenigen, die etwas eingeschickt hatten, ein, KünstlerInnen des digitalen Ausstellungsbereichs der Berlin Biennale zu werden. Gemeinsam mit dem in Berlin lebenden Medienaktivisten und Autor Pit Schultz haben wir ArtWiki entwickelt: ein digitales Nachschlagewerk für Kunst nach dem Vorbild von Wikipedia, das als nachhaltiges Projekt auch nach der 7. Berlin Biennale weiter bestehen wird. ArtWiki möchte KünstlerInnen als politische und gesellschaftliche Wesen vorstellen und die künstlerischen Ressourcen unserer Gesellschaft offen legen, ohne dabei die für kuratorische Projekte typische Politik von Auswahl und Exklusivität zu verfolgen. Darüber hinaus wird Kunst im Internet oft überwiegend zu Marktzwecken und aus finanziellen Interessen abgebildet, und viele KünstlerInnen zögern aus Angst vor Missbrauch und Ideenklau, ihre Kunst hochzuladen. Mit ArtWiki möchten wir die Biennale-Ausstellung um eine offene, gemeinnützige Informationsplattform erweitern, auf der KünstlerInnen sich über ihre Aktivitäten und politischen Meinungen austauschen können und welche die heutige Bandbreite künstlerischer Einstellungen deutlich macht. ArtWiki ist außerdem ein soziales Abkommen über Vertrauen und den freien Austausch von Informationen – und damit etwas eher Ungewöhnliches für eine Zeit, in der das Kunstsystem auf einem vollkommen kontrollierten Zugang zu Kunstwerken, Bildern oder sogar Ideen beruht.

von Joanna Warsza

Das im Rahmen des Projekts entstandene Wiki ist online nicht mehr verfügbar.