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Öffentlicher und medialer Raum

Frauen

Michael Schmidt

Frauen (1997–1999) heißt die 81-teilige Bilderserie von Michael Schmidt, mit der der Fotograf anlässlich der 6. Berlin Biennale den öffentlichen und medialen Raum bespielt, besetzt und herausfordert. Bereits im Vorfeld ist sie auf Plakaten, in Zeitungsinseraten und auf allen Publikationen der Biennale zu sehen. Mal sind es fast abstrakte Formen, aus der Nähe fotografiert, mal geht Schmidt auf Distanz und erfasst das Gesicht oder die ganze Person. Die Fotografien strahlen eine konzentrierte Klarheit und gleichzeitig etwas Persönliches aus. Für Schmidt repräsentieren sie eine Generation von jungen Frauen, die für einen Umbruch und ein neues weibliches Selbstbewusstsein stehen.

Architektur, Menschen, der soziale Raum und die städtisch geprägte Natur sind Schmidts Motive. Diese Themen findet er in der Wirklichkeit, ohne dabei dokumentarisch zu sein. Zwei seiner bekanntesten Arbeiten, Waffenruhe (1985–1987) und EIN-HEIT (1991–1994), sind Analysen der Berliner Lebensrealität; inzwischen historische Zeitdokumente, aber ebenso subjektive fotografische Aufnahmen, mit unverkennbar Schmidt’scher Handschrift und wie alle seine Arbeiten konsequent in Serien, analog und in Schwarz-Weiß fotografiert. Und da es dem Künstler um ein ganzheitliches Sehen und Denken geht, eröffnen die Fotografien ästhetisch den Raum zwischen Schwarz und Weiß, es fächert sich ein Spektrum an eigentümlich silbrigen Grautönen auf, deren Farbigkeit wirklicher und lebendiger scheint als die vieler Farbfotografien.

„Ich glaube, dass diese Serie von Frauen trotz ihrer Anonymität der allgemeinen Werbung einen Kontrapunkt setzt“, sagt Schmidt und lässt eine Vielzahl eigens für die Biennale komponierter Bilderreihen für sich sprechen, ohne dass sein Name zu lesen ist. Der Einladung der Kuratorin folgend, überträgt er die Serie in den öffentlichen und medialen Raum. Es ist ist ein gemeinsam entwickeltes Experiment, mit dem Schmidt zudem die Wirkungskraft seiner eigenen Bildsprache, die er sich in jahrzehntelangen Studien erarbeitet hat und bis heute immer wieder aufs Neue infragestellt, überprüft.

Im öffentlichen Raum setzen die Plakatserien Ruhepunkte zwischen die Werbeflächen der global organisierten Warenwelt und ermöglichen damit einen klareren Blick. Unheroisch und jeder medialen Sicht auf Frauen zuwiderlaufend, holen sie die Betrachtenden unweigerlich in die Wirklichkeit und damit zu sich selbst zurück.

Aus dem Katalog der 6. Berlin Biennale