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When Things Cast No Shadow

Über

Die Ausstellung When things cast no shadow bestand aus zwei Teilen, die bei Tag und bei Nacht stattfanden: Der tagsüber stattfindende Teil der 5. Berlin Biennale stellte an vier Ausstellungsorten – den KW Institute for Contemporary Art, der Neuen Nationalgalerie, dem Skulpturenpark Berlin_Zentrum und dem Schinkel Pavillon – vornehmlich Neuproduktionen von 50 Künstler*innen aus vier Generationen vor. Viele der teilnehmenden Künstler*innen hatten die neu in Auftrag gegebenen Arbeiten explizit im Hinblick auf den spezifischen Ort konzipiert und verwirklicht. Bereits einige Wochen vor der offiziellen Eröffnung wurde als Teil der 5. Berlin Biennale im Schinkel Pavillon die erste von fünf wechselnden, von Künstler*innen der 5. Berlin Biennale kuratierten Einzelausstellungen eröffnet. Über die Laufzeit der Berlin Biennale gestatteten diese Ausstellungen einen Einblick in die Auseinandersetzung jüngerer Künstler*innen mit vorausgegangenen Generationen, mit der Moderne und mit unterschiedlichen Ausstellungsformaten.

In der Nacht wurde die Ausstellung durch 63 abendliche Veranstaltungen unter dem Titel Mes nuits sonts plus belles que vos jours (Meine Nächte sind schöner als deine Tage) mit über 100 weiteren Künstler*innen und Kulturproduzent*innen an unterschiedlichen Orten in die ganze Stadt erweitert. Das Nachtprogramm umfasste Vorträge, Gespräche, Performances, Konzerte, Workshops, Film- und Videoscreenings und andere Veranstaltungen und wurde von Szymczyk und Filipovic als „eine während der Dauer der Biennale im Entstehen begriffene Ausstellung“ geplant. Damit bot das kuratorische Team den teilnehmenden Künstler*innen und Denker*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen die Möglichkeit, außerhalb der räumlichen und zeitlichen Grenzen eines Ausstellungsraumes Experiment und Improvisation in den Mittelpunkt zu stellen, neue Untersuchungen anzubieten, bereits existierende Werke neu zu bearbeiten oder gänzlich neue Arbeiten zu schaffen.

Kurator:innen

Adam Szymczyk und Elena Filipovic

5. Berlin Biennale, 5.4.–15.6.2008; Kurator*innen: Adam Szymczyk, Elena Filipovic

Grafische Gestaltung
Ludovic Balland

Katalogauszug

Wenn Dinge keinen Schatten werfen

Auf beiden Seiten der durch Berlin verlaufenden historischen Trennlinie gelegen, repräsentieren die Hauptveranstaltungsorte der Biennale typologisch entgegengesetzte Bedingungen zur Präsentation von Kunst. Ihre jeweiligen Geschichten, die wiederum eng mit der jüngeren Geschichte der Stadt verwoben sind, liefern einen vielschichtigen ideologischen Kontext zum Verständnis der einzelnen Ausstellungsteile und der in ihnen gezeigten, in der Hauptsache eigens für die Biennale entstandenen Arbeiten. Diese Orte wurden von uns so ausgewählt, dass der Besucher zwangsläufig durch Berlin wandert, jedoch nicht unbedingt zu solchen Bauten, deren Vergangenheit sich in der abblätternden Farbe ihrer Fassaden oder dem pittoresken Zerfallszustand ihrer Bausubstanz äußert. Stattdessen wollten wir mit durchaus unterschiedlichen Möglichkeiten der Präsentation von und Interaktion mit Kunstwerken arbeiten, die den jeweiligen Veranstaltungsorten angemessen sind. Die Vorstellung, einen Teil der Ausstellung in der 1968 von Mies van der Rohe vollendeten Neuen Nationalgalerie stattfinden zu lassen, war für uns dabei geradezu unumgänglich. Dieses Museum – heute ein Wahrzeichen der Stadt – ist ursprünglich als politische und ästhetische Antwort des früheren Westdeutschlands auf den Osten in Auftrag gegeben worden. Die weite, transparente, zur Umgebung hin geöffnete Ausstellungshalle widerspricht traditionelleren musealen Präsentationskonzepten, bei denen die Kunstobjekte isoliert und in fensterlosen (im besten Falle durch Oberlichte erhellten) Räumen eingeschlossen sind, eine Praxis, die später zur Vorherrschaft des White Cube als gängigen Ausstellungsraums führen sollte. [...]

Das fünfte Element der Ausstellung, unser, wenn man so will, zeitlicher fünfter Hauptausstellungsort, nimmt die Nächte in Anspruch. Dem herrschenden Prinzip absoluter Sichtbarkeit widersprechend, trägt unsere sogenannte "Nachtausstellung" Mes nuits sont plus belles que vos jours (Meine Nächte sind schöner als eure Tage) eine andere Zeitlichkeit und Topografie zur Biennale bei: Sie besteht aus über sechzig Veranstaltungen mit Diskussionen, Performances, Workshops, Konzerten, Filmvorführungen und anderen Aktionen. Diese Veranstaltungsreihe, deren Titel einem Erotikthriller von Andrzej Żuławski aus den 1980er Jahren entlehnt ist, geht von der Überzeugung aus, dass sich Wissen über andere Methoden als das konventionelle Vortrags- oder Ausstellungsformat produzieren lässt. Wir wollten mit dieser Reihe Künstlern und Denkern aus verschiedenen Bereichen, die wir aufforderten, neue Arbeiten zu produzieren oder bestehende neu zu bearbeiten beziehungsweise sie vor anwesendem Publikum zu besprechen oder zu interpretieren, die Gelegenheit zum Experimentieren und zur Präsentation verschaffen. Ausgehend von der Idee einer Ausstellung als Behälter für die an einem Ort über einen bestimmten Zeitraum fixierte Gegenwart der Kunstwerke, setzt sich Mes nuits... aus sich gegenseitig steigernden flüchtigen Erfahrungen zusammen, die allnächtlich während der gesamten Dauer der Biennale über die Stadt verteilt sind. Die Künstler und Denker, die im Rahmen des Nachtteils der Ausstellung eher auftauchen, als dass sie dort Dinge ausstellen würden, präsentieren flüchtige performative Gesten, die entweder eine Erweiterung oder aber eine Komplikation ihrer regulären künstlerischen Praxis darstellen. Demnach wird es bei Mes nuits... um eine während der Dauer der Biennale im Entstehen begriffene Ausstellung gehen, die sich vielleicht nur kollektiv begreifen lässt und tatsächlich überhaupt erst in dem Augenblick als Ausstellung fassbar wird, da der Veranstaltungszyklus selbst abgeschlossen und aus dem Blickfeld gerückt ist.

Teilnehmer:innen

Veranstaltungen

Mes nuits sont plus belles que vos jours – der Nachtteil der 5. Berlin Biennale

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